Das Insolvenzrecht in Österreich im Überblick

Restrukturierung

Der Ausfall einers großen Kunden, eine Steuernachforderung, ein Haftungsfall oder eine Streitigkeit der Gesellschafter – die Ursachen einer Krise sind oft unvorhersehbar und existenzbedrohend. Wir beraten und begleiten Sie bei den Verhandlungen mit Ihren Finanzierungspartnern und bei strategischen Restrukturierungsmaßnahmen. Mit unserer umfassenden Erfahrung im Sanierungs- und Insolvenzbereich beurteilen wir mit Ihnen die unterschiedlichen Szenarien und minimieren die Haftungsrisiken der Beteiligten.

Sanierung & Insolvenz

Die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens oder auch einer Privatperson kann aufgrund widriger Umstände infolge Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit zur Insolvenz führen. Die Bestimmungen der Insolvenzordnung und des Strafgesetzbuches verpflichten Sie zur laufenden Analyse seiner wirtschaftlichen Situation und zur Einleitung eines Sanierungsverfahrens, falls die Insolvenzsituation nicht kurzfristig behebbar ist. Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder kann bei verspäteter Reaktion eine persönliche Haftung für Gesellschaftsschulden treffen.

Durch ein Sanierungsverfahren, das mit oder ohne Eigenverwaltung eingeleitet werden kann besteht die Möglichkeit, das betroffene Unternehmen nachhaltig zu sanieren. Auch im Rahmen eines laufenden Insolvenzverfahrens besteht die Möglichkeit, einen Sanierungsplan vorzulegen. Wir erarbeiten dazu mit Ihnen gemeinsam eine Strategie, um in dieser außergewöhnlichen Situation für Sie die beste Lösung zu finden und die Unternehmenswerte zu erhalten.

Das Schuldenregulierungsverfahren für Privatpersonen bietet die Möglichkeit einer Schuldenbefreiung auch gegen den Willen der Gläubiger, was in sonstigen Insolvenzverfahren nicht möglich ist. Allerdings sind Privatpersonen (jeder, der zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kein Unternehmen mehr betreibt, gilt als Privater) dazu verpflichtet, einen außergerichtlichen Ausgleich zu versuchen und sich dies von der Schuldnerberatungsstelle bestätigen zu lassen. Informieren Sie sich daher frühzefrühzeitig über die Möglichkeiten.

Eine strafrechtliche Komponente liegt für Verantwortliche einer Insolvenz insbesondere in den Bestimmungen über Nichtzahlung von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung (§§ 153c, 153d StGB) und betrügerische Krida (§ 156 StGB), Gläubigerbegünstigung (§ 158 StGB) und grobfahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 159 StGB). Durch eine frühzeitige Reaktion auf Krisensituationen kann auch dieses Risiko minimiert werden.

Nachfolgend finden Sie eine Zusammenfassung zum österreichischen Insolvenzrecht, bearbeitet von Mag. Norbert ABEL

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Einführung

Gesetzlicher Rahmen

In Österreich ist mit 01.07.2010 durch das IRÄG 2010 ein neues Insolvenzrecht eingeführt worden. Es beseitigt die Doppelgleisigkeit zwischen Konkursordnung (KO) und Ausgleichsordnung (AO). Zentraler Zweck der Novelle ist die Erleichterung der Sanierungsmöglichkeit für Unternehmen. 2017 führte EU-InsVo 2015 zu einer Anpassung der IO und zu weiteren Änderungen. Die Reform des Schulden-regulierungsverfahrens für Privatpersonen erfolgte ebenso 2017. Der Kern des österreichischen Insolvenzrechts wird nunmehr durch die Insolvenzordnung (IO) geregelt. Dabei ist zu beachten, dass zahlreiche Regelungen unverändert aus der KO in die IO übernommen wurden.

Daneben existiert nach wie vor das Unternehmensreorganisationsgesetz, welches aber in der Praxis bedeutungslos ist.

Verfahrenstypen

Es gibt grundsätzlich ein Insolvenzgesetz, die Insolvenzordnung (IO). Innerhalb der IO gibt es unterschiedliche Ausprägungen des Insolvenzverfahrens:

  • das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung gem. §§ 169ff IO
  • das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung gem. §§ 166ff IO
  • das Konkursverfahren gem. §§ 180f IO
  • das Schuldenregulierungsverfahren gem. §§ 181ff IO

Das Insolvenzverfahren wird daher entweder nach den Vorschriften für das Sa-nierungsverfahren oder nach den Vorschriften für das Konkursverfahren geführt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann beim Sanierungsverfahren die Eigen-verwaltung unter Aufsicht eines Sanierungsverwalters beantragt werden. Dem gegenüber eröffnet das Schuldenregulierungsverfahren dem Privatschuldner die Entschuldung mittels Zahlungsplan bzw. im Falle des Scheiterns mittels Ab-schöpfungsverfahren.

Wichtige Informationen bzw. Daten zum Insolvenzverfahren, wie etwa Verfahrensart, Kontaktdaten des Insolvenzverwalters, Termine und Fristen etc werden in der Ediktsdatei unter der Internetadresse http://www.edikte.justiz.gv.at veröffentlicht.

Das Konkursverfahren dient zwar der Verwertung der vorhandenen Vermögenswerte und der Verteilung der Masse an die Gläubiger, eröffnet aber dem Schuldner dennoch die Möglichkeit einer Entschuldung. Der Schuldner kann zugleich mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder auch danach bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens den Abschluss eines Sanierungsplanes beantragen. Im Sanierungsplanantrag muss der Schuldner den Gläubigern neben anderen Voraussetzungen eine Quote von mindestens 20 % der Forderungen, zahlbar binnen 2 Jahren nach Annahme des Sanierungsplanes, anbieten. Den Sanierungsplan kann der Schuldner auch dann beantragen, wenn das Konkurs-verfahren über Antrag eines Gläubigers eröffnet wurde. Stellt der Schuldner selbst einen Insolvenzantrag und hat die Absicht, sich zu entschulden, so kann er diesen gleich durch Eröffnung eines Sanierungsverfahrens beantragen. Auch in diesem Fall beträgt, neben anderen Voraussetzungen, das Mindesterfordernis eine 20%ige Quote, zahlbar binnen 2 Jahren ab Abnahme des Sanierungsplanes. Beantragt der Schuldner ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung so sind die Voraussetzungen für eine Verfahrenseröffnung wesentlich strenger. Im Antrag ist insbesondere darzutun, wie die angebotene Quote aufgebracht und der Fortbetrieb finanziert wird. Auch beträgt die Mindestquote 30 %. Für die Annahme des Sanierungsplanes ist in allen drei Fällen die einfache Kapital- und Kopfmehrheit der bei der Sanierungsplantagsatzung anwesenden stimmberechtigten Insolvenzgläubiger erforderlich.

Eine natürliche Person, die kein Unternehmen betreibt, kann zu Beginn oder im Laufe des Insolvenzverfahrens den Antrag auf Annahme eines Zahlungsplanes stellen. Darin muss der Schuldner den Insolvenzgläubigern zumindest eine Quote anbieten, die seiner Einkommenslage in den folgenden 5 Jahren entspricht. Die Zahlungsfrist darf 7 Jahre nicht übersteigen. Die einfache Mehrheit der bei der Zahlungsplantagsatzung anwesenden stimmberechtigten Gläubiger hinsichtlich Kopf und Kapital genügen. Der Schuldner kann im Laufe des Insolvenzverfahrens, spätestens mit dem Antrag auf Annahme eines Zahlungsplanes, die Durchführung des Abschöpfungsverfahrens mit Restschuldbefreiung beantragen. In dem Antrag hat der Schuldner die Erklärung beizufügen, dass er den pfändbaren Teil seiner Forderung auf Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder aus sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion für die Zeit von 5 Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem das Abschöpfungsverfahren eingeleitet wird, an einen vom Gericht zu bestellenden Treuhänder abtritt. Das Gericht entscheidet dann nach Ablauf der 5 Jahre über die Rechtschuldbefreiung. Während der Dauer des Abschöpfungsverfahrens treffen den Schuldner Obliegenheitsverpflichtungen, insbesondere Informationspflichten hinsichtlich einer geänderten Vermögenslage.

Die Verfahren stehen unter dem Grundsatz der par conditio creditorum. Während bei der Unternehmerinsolvenz die Ausgestaltung der Verfahren auf Unterneh-menserhaltung und -sanierung gerichtet sind, wurde mit der Einführung des Schuldenregulierungsverfahrens ein Instrument zur Entschuldung privater Haushalte geschaffen.

Das 1997 eingeführte Unternehmensreorganisationsverfahren soll hingegen noch nicht insolventen Unternehmen die Möglichkeit geben, eine Sanierung absehbarer zukünftiger Probleme durch Reorganisation zu erreichen.

Das mit dem IRÄG 2017 eingeführte Koordinationsverfahren, im Wesentlichen verweisend auf die Bestimmungen der EU-InsVo 2015, soll die Zusammenarbeit zwischen Insolvenzverwaltern im Rahmen eines Konzerninsolvenzverfahrens erleichtern.

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